Deutschland im Jahr 2031. Staatsfeminismus, Umweltkatastrophen und ein Medikament, genannt ‚Ephebo‘, das den Alterungsprozess stoppen, ja sogar umkehren kann und aus siebzigjährigen Greisen zwanzigjährige Jungspunde macht. Mit dem kleinen Nachteil, daß die Einnahme der Pille Krebs verursacht und die Chance groß ist, daß der oder die Verjüngte binnen weniger Jahre eines qualvollen Todes stirbt. Selbstverständlich gibt es kaum jemanden, der sich dem Lockruf dieses chemischen Jungbrunnens entziehen möchte. Zumal laut Prognosen sämtlicher WissenschaftlerInnen die Erde in wenigen Jahren ohnehin unbewohnbar sein wird.
Das ist die Umgebung, in welche sich die LeserIn bei der Lektüre von Karen Duves neuem Roman wiederfindet.
Die Hauptfigur Sebastian Bürger, ehemaliger Umweltschützer und Veganer, nunmehr beschäftigt im Informationszentrum der Demokratiezentrale, begegnet beim fünfzigjährigen Klassentreffen seiner großen Lebensliebe Elli wieder, die, wie auch Sebastian selbst, dank Ephebo, um Jahrzehnte jünger wirkt, als es ihrem biologischem Alter entspräche.
Eine gemeinsame, wenn auch kurze Zukunft scheint möglich. Wäre da nicht Sebastians Ehefrau Christine, die ehemalige Ministerin und Anwärterin auf das höchste Amt im Staate, vor zwei Jahren spurlos verschwunden. Die LeserIn weiß von Anfang an wohin, in Sebastians Keller nämlich, wo sie von ihrem Mann gefangen gehalten wird und diesem, auf jede erdenkliche Weise zu Diensten sein muss.
Zwei Frauen ist eine zuviel. So muss Christine endgültig verschwinden. Die Katastrophe ist vorprogrammiert.
Karen Duves Buch lässt sich als prophetischer Science Roman, mit ganz wenig Fiction lesen. Als gekonnte apodiktische Persiflage auf viele Entwicklungen, welche sich bereits, so sie nicht schon eingetreten sind, abzeichnen. Als Thriller mit SadoMaso-Elementen oder als Parteinahme für die Rechte von Tieren und gegen Umweltzerstörung.
Egal wie man den Roman liest, er ist in jedem Fall großartig geschrieben. Für mich bereits jetzt eines der Highlights des heurigen Bücherjahres.
Das einzig Betrübliche nach der Lektüre war die Erkenntnis, daß selbst der, im Buch verordnete Staatsfeminismus nicht genügt, das Ruder herumzureißen und aus der Welt einen lebenswerten Ort zu machen. Aber dafür war es im Roman wohl schon zu spät.
Macht
von Karen Duve
416 Seiten; 2016 Kiepenheuer & Witsch
ISBN 978-3-86971-008-2
22.70 EUR
